Aufgereiht wie Zinnsoldaten …
Grundsätzlich kennt das ja jeder vom Zahnarzt: Man geht zur Überprüfung und schon bohrt der Mensch im Wurzelkanal herum. Autsch! Bei unseren geliebten Autos geht das ähnlich. Die Saison beginnt, es sind paar Gummis an der Vorderachse zu wechseln, bekommt einen Anruf vom Mechanicus „Hallo, Ihr Motor schüttelt wie ein Einser, damit kannst Schlagobers mixen“, und schon kann man sich die Saison aufzeichnen, sowie das Sparbuch vom Taufkind plündern!
Da war sie noch ganz die schöne Lady (RFM-Meeting 2009 in Wien)
Bevor das unweigerliche Gewissheit wird, werden alle noch möglichen Untersuchungen durchgeführt:
- Kerzenprüfung – normal
- Kompressionstest – super
- Druckverlusttest – super
- Endoskopie – super
- Koloskopie – hellgrau, super
Als wieso macht die Kraxn ping und schüttelt? Nächste Stufe, Fahrschemel mit Motor und Nebenaggregaten abbauen (das geht ja bei Flavia und Fulvia ruck zuck), Kopf ab und Ventilbeschau. Auf den ersten Blick alles ok, nur beim ersten Zylinder schauen die Ventilverunreinigungen ein bisserl anders aus. Aha, eine Spur!
Fahrschemel ausgebaut, zwei Virtuosen an der Arbeit
Kein Motor mehr, der ideale Raum zum Blinde Kuh Versteck
Nockenwellen ausbauen und der Täter ist gefunden. Der Nocken vom Einlassventil am ersten Zylinder ist schön rund abgehobelt worden, weil sich von der Tassenstößelfläche die Nitrierung abgelöst hat. Ursache, tausend Möglichkeiten. Wahrscheinlich ist aber, dass einfach in der Zeit, als das Fahrzeug ein altes nicht erhaltungswürdiges Auto, die Wartung vernachlässig und Ölwechsel ein Fremdwort war.
Kein Einlassnocken mehr, daher keine Benzinfüllung und grandioses Schütteln mit Ping
So schaut ein gesunder Nocken aus
Man muss genau schauen, aber dieser Tassenstößel ist „hinüber“
Dieser Tassenstößel ist gesund, trotzdem werden alle erneuert.
Wenn schon, dann schon ganz! Also wird der restliche Motor auch noch zerlegt und die Teile vermessen. Ergebnis: Bis auf die verschlissene Nockenwelle, ist alles pipifein und auf Erstmaß. Glück im Unglück kann man sagen! Trotzdem ist eine Motorrevision wie eine Wurzelbehandlung – lang und schmerzhaft.
So sieht ein zerlegter 2000er-Motor aus
Die Motorrevision ist in Arbeit und die Ersatzteilliste lang:
- Zwei Neue Nockenwellen, leider, die mit dem Vernierring war nicht aufzutreiben
- Dazu neue Nockenwellenräder, die alten kann man nicht mehr montieren
Steuerkette neu - Pleuellager und Kurbelwellenlager neu, natürlich Dreistoff original
- Kurbelwellenstopfen neu
Kolbenringe gesamt neu und natürlich original - Neue Ventile, weil Nachschleifen ist gut, aber neu ist besser
Neue Ventilführungen, original - Motordichtsatz
Die beiden Simmeringe, original - Neue Tassenstößel, natürlich original aber die kosten was
Zum Drüberstreuen einen neuen Wasserpumpeneinsatz
Paar Gummis
und sonstige Kleinteile. - Originalteile zu beschaffen ist einfach. Am Telefon in Italien anrufen, runterfliegen, Mietauto nehmen, zu einer Autobahnstation fahren, Geld gegen Stahl tauschen und ab nach Hause. Mailand kann man sich natürlich auch anschauen, und ein Auto kaufen, aber das ist eine andere Geschichte.
Es ist angerichtet: altes Eisen gegen kaltes Geld
Haben Sie schon jemals Ersatzteile in einem Laden gekauft?
Arbeiten im Motorshop, die vor dem Zusammenbau noch zu erledigen sind:
- Kopffläche planen (so wenig wie möglich)
- Ventilführungen einpressen
- Neue Sitze einpressen und schleifen (klaro Dreierschliff)
- Ventile einschleifen
- Zylinder honen
Wenn das erledigt ist, sollte eigentlich eine Wiederherstellung ohne „Ping“ problemlos möglich sein, nur als gelernter, geschädigter Lancisti lass ich mich überraschen, was meine 2000-Lady noch am Kasten hat! Die Motorrevision ist in vollem Gange.
T.C. / 8.2011
Hallo, ich stehe kurz vor dem Kauf meines ersten Oldtimers. Und zwar soll es eine Lancia 2000 hf sein! Ich habe schon einiges über dieses Fahrzeug gelesen worauf ich bei der Besichtigung und bei der Probefahrt achten muss aber bin mir bewusst, dass ich bestimmt nicht alles finden werde.. also wird wohl der ein oder andere Werkstattbesuch auf mich zukommen. Daher würde mich sehr interessieren, was denn so in etwa ihr sehr launig beschriebener Werkstattbesuch gekostet hat.
Vielen lieben Dank
Mit freundlichen Grüßen
Dirk
Sehr geehrter Herr Redeker,
wir haben im Freundeskreis zwei 2000er-Eigentümer, welche ihre Erlebnisse in der Rubrik „Technik“ geschildert haben. Beide Artikel sind allerdings schon einige Jahre alt, die Instandsetzung und Betreuung der Fahrzeuge erfolgte geografisch weit weg von einander, da gab es keine Synergieeffekte.
Ich leite Ihre Anfrage an die Herren weiter, ob Sie allerdings Preisangaben bekommen, ist fraglich. Geld hat man (oder auch nicht) und spricht nicht darüber.
lancianews gab und gibt keine Empfehlungen.
MfG
E. Marquart