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1972 war das letzte Jahr der Internationalen Rallye-Markenmeisterschaft, 1973 wurde sie zur Weltmeisterschaft „befördert“. Zehn Läufe waren vorgesehen, wobei der Coupe des Alpes nach den Schwierigkeiten der letzten Jahre nicht mehr durchgeführt wurde.
Nach dem „trüben“ Jahr 1971 hatte Lancia umorganisiert, Daniele Audetto führte nun die Mannschaft mit geänderter Logistik – und die Rallye Monte-Carlo 1972 wurde zum Fulvia-Fest: Munari (1.), Lampinen (4.) und Barbasio (6.). Als dann Harry Källström in Schweden den 3. Platz hinter Blomqvist und Waldegǻrd erreichte, führte Lancia in der Markenmeisterschaft vor Porsche.
Nach den Erfahrungen der Vorjahre – 1971 waren nur Harry Källström/Gunnar Häggbom auf Platz 8 ins Ziel gekommen – wurde die East African Safari 1972 nicht beschickt. Alternative war die Rallye du Maroc Ende April, wo möglichweise „einfacher“ Meisterschaftspunkte zu erringen waren, Porsche würde dort nicht starten.
2022 wurde in Italien und einigen internationalen Magazinen an den 50 Jahre zurückliegenden Lancia-Sieg bei der Monte-Carlo gedacht, auch wenn Sandro Munari nicht mehr in der Öffentlichkeit erscheint, dass aber der Sieg in Marokko ein genau so wichtiger Baustein zur Markenmeisterschaft werden sollte, ist wohl leider in Vergessenheit geraten.
15éme Rallye International du Maroc
27. – 30. April 1972
Lauf zur Internationalen Markenmeisterschaft über 4.254 km mit 12 Sonderprüfungen über 1.436 km. 52 Starter, 6 im Ziel klassiert.
Die „einsame“ Fulvia 1,6 HF TO G07019 von Simo Lampinen/Sölve Andreasson stand der vollen Streitmacht der französischen Rallyeszene gegenüber: Alpine Renault 1600 S (Therier, Andersson, Nicolas) vom Werk + R. Trautmann und Chenisse halbprivat, Renault R16 TS (u.a. mit Claudine Trautmann), Citroen SM Coupé (Aaltonen, Waldegard, Deshaseaux), Citroen DS21 (Neyret, Romaozinho, Ponelle) sowie Richard Bochnicek/Dr. Kurt Nestlinger auf Citroen DS 21 und Peugeot 504 (Chasseuil, Mikkola, Fall, Guichet).
Die Platzierungen in den Sonderprüfungen waren – die Differenzspalte zeigt den Abstand von Lampinen zum jeweils Schnellsten in Minuten:
SP | Anders | Lamp | Nicolas | Therier | km | Diff |
Maazin-El Harcha | 2 | 4 | 3 | 1 | 29 | 00:25 |
Sidi-Taza | 4 | 2 | 3 | 1 | 71 | 02:00 |
Aknoul-Takar Souk | 4 | 2 | 1 | 5 | 78 | 00:09 |
Ketama-Bab Berred | 2 | 4 | 3 | 1 | 39 | 00:43 |
Ouezzane-Karrouba | 2 | 4 | 3 | 1 | 16 | 00:31 |
Missour-Meski | 3 | 6 | 6 | 2 | 175 | 06:51 |
Tisi-Nisly | 2 | 4 | 1 | 205 | 03:42 | |
Asni-Zizi | 2 | 3 | 1 | 87 | 02:34 | |
Irherm-Foum Zguid | 1 | 4 | 230 | 10:05 | ||
Agdz-Teazenath | 2 | 92 | 00:19 | |||
Zagora-Rissani | 1 | 236 | ||||
Rich-Tizi | 3 | 205 | 16:00 |
Die zahlen- und motorenmäßige überlegene Konkurrenz Citroen, Renault Alpine war schneller, schied aber mit technischen Defekten aus. Die taktische Zurückhaltung von Lampinen in der Wüste und das ausgezeichnete Service von Lancia (Einsatzleitung Daniele Audetto mit den Mechaniker Marino Brosio, Gino Fabroni und Michele Noviello, zum Teil mit einmotorigem Flugzeug unterwegs) brachten einen unerwarteten Sieg und mit 52 Punkten den Ausbau der Führung in der Markenmeisterschaft.
Herbert Völker zitiert Simo in L. Bartuschats Jahrbuch 1973: „Manchmal war es grässlich langweilig dahinzuckeln zu müssen. Hier musst Du Nerven haben, Nerven, um langsam fahren zu können.“ Und Pirelli MS 35-Reifen, mit denen er keine einzige Reifenpanne hatte.
Lancia musste allerdings noch bis Ende Oktober 1972 warten, bis der Markenmeistertitel fixiert war, Platz 2 bei der Akropolis-Rallye durch Lampinen, Totalausfall bei der Österreichischen Alpenfahrt machten den Bewerb zur Zitterpartie. Doppelsieg in San Remo und die Plätze 4 und 5 bei der RAC Rally machten Lancia zum letzten Markenmeister.
E. Marquart / 4.2022